Erste Arbeitstation nach 1993 – Württembergische Landesbühne

Daß ich arbeitslos bin, habe ich meinem über alles verfluchten Stolz zu verdanken. Den habe ich schon von klein an, schon seit dem 3. Lebensjahr!
Die Arbeit am Theater in Esslingen habe ich geliebt. Nach nur einem reichlichen Jahr dort wurde ich in den Personalrat gewählt, ich hatte mich immer für andere eingesetzt. Später hatte sich ein Bühnenmeister hinter der Bühne erhängt, andere wurden zu Alkoholikern.
Als ich wegging wurde mir gesagt . es sei nicht mehr so schön ohne mich.

Ich war als Organisationsleiterin gleich die nächste Instanz nach Intendantin und Verwaltungsleiter, hatte den ganzen Theaterbetrieb mit Künstlerischen Betriebsbüro und technischer Leitung abzustimmen, war Kontakperson zu den Kulturämtern Baden-Württembergs (wir waren ja die Landesbühne) und habe nebenher Büromaterial für die Verwaltung eingekauft. Es war Streß pur, aber auch eine schöne Arbeit.

Der Verwaltungsleiter legte mir zunächst die Welt zu Füßen, gab mir schon beim Einstellungsgespräch hinterher bei einem Kaffee zu verstehen, daß die Intendantin nichts tauge. Er wollte mich als sein Spielball gegen die Intendantin aufbauen, war selbst ein Psychopath. Er traute niemandem über den Weg, mißbrauchte willfährige Leute für seine Intrigen. Es war ihm ein Dorn im Auge, daß eine Frau Intendantin war. Der Kampf gegen sie war schon im vollen Lauf, als ich dort anfing. Mitunter sprachen beide kein Wort miteinander, alles auf meine Kosten, denn ich mußte ja irgendwie die Organisation bewältigen. Mach das mal, wenn einer Hü, der andere Hot sagt. Ich kümmerte mich bald um den richtigen Einsatz der Computer, die bis dato nur als Schreibmaschinen dienten und führte eine Theatersoftware ein.

Irgendwann, nach 2 Jahren, kamen dann konkrete Forderungen des Verwaltungsleiters an mich, gegen die Intendantin vorzugehen. Er forderte Kulturämter auf, sich direkt beim Bürgermeister zu beschweren, ich sollte meinen Teil beitragen. Auch Schauspieler heuerte er für seine miesen Ziele an. Techniker wurden erpreßt, ich bekam das alles mit, war z.T. Zeugin. Ich sollte dazu auch Statistiken verfälschen um den Nachweis zu erbringen, es ginge durch diese Frau den Bach runter, war aber nicht so. Ich habe ihm klar gesagt: „Ich habe früher nie Statistiken gefälscht, werde das auch jetzt nicht tun!“ da tat er es eben selbst.

Nun gut, über Kultur kann man streiten, mir gefiel das meiste auch nicht, was da auf die Bühne kam. Am allerwenigsten gefielen mir die Heucheleien, die Hinterfotzigkeit, das Lügen, die Intrigen unter den Künstlern und den anderen auch. – Aber bitte ohne mich! Die Intendantin war auch nicht unbedingt meine Kragenweite, rein menschlich gesehen, aber was da gegen sie lief war weit unter der Gürtellinie.

Weil ich mich den Spielchen des Verwaltungsleiters, Ernst hieß er, widersetzte, wurde ich zu seinem Mobbingopfer. Ich setzte mich mit beiden an einen Tisch, ihm und der Intendantin, Rohwedder (die Mutter übrigens von der Voss), um wieder zu einer ertragbaren Arbeitsatmosphäre zu kommen. Natürlich ohne Erfolg, mit dem Ergebnis immer größerer Schikanen. Ich „durfte“ nicht mehr zu den Kulturämtern fahren, mit Kollegen reden… er hetzte willfährige Kollegen gegen mich auf… Die Intendantin lehnte sich zurück und sagte doch tatsächlich: „Seit er mit Ihnen den Zoff hat, läßt er mich wenigstens in Ruhe.“ Damit hatte es sich für sie erledigt.

Nach einem Jahr intensiven Mobbings, 3 Jahre dieser Arbeit am Theater, ging ich zum Arzt – als ich vor diesem saß und sprechen wollte, kam kein Wort heraus – ich hatte einen Weinkrampf, hatte mich nicht mehr unter Kontrolle. Mir war das peinlich. Er fragte nichts, sagte nur: ich kann sie bis zu 6 Wochen krankschreiben. Hinterher erfuhr ich, daß er ähnlich gelagerte Fälle aus dem Theater als Patienten hatte, er kannte das.

Während dieser 6 Wochen entschloß ich mich, die Kündugng einzureichen. Ich rief alle Kulturämter, zu denen ich immer ein gutes Verhältnis hatte, an, entshuldigte mich, falls es zu Fehlern bei den Plänen käme, daß es nicht am Theater läge, sondern an mir, weil ich gekündigt habe. Ich wollte nicht, daß das Theater durch mich einen schlechten Ruf erhielte.

Dann ging ich zum Arbeitsamt, kündigte „aus Besonderem Grund“ – man muß die plausiblen Gründe offenlegen, dann wird man nicht gesperrt. Zu Hause weinte ich mr die Seele aus dem Leib, denn ich hatte diese Arbeit so sehr geliebt! Vermutlich hatte ich danach beim Arbeitsamt ein Schandmal in den Unterlagen, das jedem Unternehmen, das mich einstellte, gezeigt wurde… jedenfalls kamen nur noch befristete Verträge. Mit jedem befristeten Vertrag mehr mußte ich mich mehr rechtfertigen – es ist paradoxer Weise ein großes Makel, wenn man nach einem halben Jahr wieder gehen muß, daß es aber heute gang und gäbe ist, wird ignoriert.

Datum: Samstag, 20. Februar 2010 18:34
Themengebiet: Arbeitsstationen im Westen des Landes Trackback: Trackback-URL
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