Beitrags-Archiv für die Kategory 'Rückblicke'

Die kriminelle Annexion der DDR…

Mittwoch, 16. August 2017 13:31

… oder wie die Wirtschaft der DDR geplündertt wurde. Unten nur ein Beispiel, nach dem Tausende andere erfolgten. Und bis heute werden Lügen aufgetischt, die, vollkommen haltlos, vorgaukeln sollen, daß die DDR-Wirtschaft 1989 pleite war. Den ist ganz und gar nicht so!

Unten stehend nun ein Artikel aus der JW vom 12.08.2017:

„Nie mehr etwas Festes

Von Arnold Schölzel

Die fast komplette Deindustrialisierung des Ostens schloss die Zerstörung des Geflechts von Beziehungen im privaten Bereich ein, das oft mehrere Generationen gehalten hatte.

Stefan Locke ist politischer Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) für Sachsen und Thüringen. Am 5. August veröffentlichte er in der FAZ einen ganzseitigen Artikel mit dem Untertitel: »Seit Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping über die harte Nachwendezeit spricht, kommen erschütternde Geschichten ans Licht. Diese Aufarbeitung passt aber nicht allen.« Der erste Satz lautet: »Das Schweigen dauerte 26 Jahre, und jetzt soll es ausgerechnet an einem schönen Sommersonntag enden.« Locke berichtet über ein Treffen von rund 40 Männern und Frauen am 18. Juni. Bis 1990 hatten sie in einem Elektroporzellanwerk in Großdubrau nördlich von Bautzen gearbeitet. 850 Beschäftigte stellten dort Isolatoren für Hochspannungsleitungen her. Acht Wochen nach dem 3. Oktober 1990 erfuhren sie, dass ihr Werk geschlossen wird. »Offizielle Begründung: Es gebe im Westen genug Betriebe, die Isolatoren herstellten.« Ein halbes Jahr später seien aber Lkw durch den Ort gerollt, um 70 Maschinen zur westdeutschen Konkurrenz zu bringen. Die Anlagen waren von dort importiert worden und noch nagelneu gewesen, die »Margarethenhütte war technisch auf Weltniveau«. Die Hälfte der Produktion wurde in den Westen verkauft. Eine Besetzung des Werktores verzögerte die Demontage nur kurz, die meisten Fabrikgebäude wurden gesprengt. Der Fall wurde im Bundestag diskutiert, die Rede war von 400 neuen Arbeitsplätzen, »die nie kamen«.Genau 25 Jahre war es her seit der Werkstorbesetzung. Viele Teilnehmer des Treffens, zu dem auch Ministerin Köpping (SPD) anreiste, seien zum ersten Mal seit damals wieder auf dem Gelände. Locke zitiert einen Diplomingenieur, der erzählt, dass nach ihm seine Frau entlassen wurde. Sie haben drei Kinder: »Ich habe jeden Job, wirklich jeden Job angenommen, um meine Familie nicht im Stich zu lassen.« Hausmeister, Lagerist, Security, zig Umschulungen, aber nie mehr etwas Festes. »Sein jüngster Sohn schloss sich den Neonazis an, wollte sich an dem System rächen, das den Eltern das antat. Der Vater holte ihn da noch raus, dann brach er zusammen. Klinik, Reha, erwerbsunfähig und bis heute ständig Ärger mit den Ämtern. ›Das kann niemand wiedergutmachen‹, sagt er. ›Nur die Erinnerung an die Geborgenheit im Sozialismus und meine Familie haben mir geholfen, das alles zu überstehen.‹«

Der FAZ-Autor schildert ein Beispiel dieser Art nach dem anderen – aus anderen Orten und anderen Branchen. Das Bild, das er zeichnet, kennt jeder Ostdeutsche. Es zeigt: Die fast komplette Deindustrialisierung des Ostens schloss die Zerstörung des Geflechts von Beziehungen im privaten Bereich ein, das oft mehrere Generationen gehalten hatte. Kalkül? Wer nicht abwanderte – es waren in den ersten 15 Jahren nach 1990 etwa drei Millionen Menschen –, der sprach meist nicht über die Katastrophe.

Frau Köpping fährt in Orte wie Großdubrau, seitdem sie nach einer »Rede über Verletzungen der Nachwendezeit« im Herbst 2016 eine »Lawine« an Einladungen erhielt. Die CDU Sachsen und der Ministerpräsident, so der Autor, möchten der »Kummertante« das Thema entziehen. Und: »Die Linkspartei ist aufgeschreckt durch den Zuspruch für die Ministerin, die in ihrem ureigensten Revier wildert. Die Linke sollte sich nicht scheuen, das Wort ›Osten‹ wieder häufiger zu nutzen, forderte Sachsens Parteivorsitzender Rico Gebhardt.« Großartig. Ein Anfang wäre, wenn auf Thematisierung von DDR und ostdeutschen Fragen nicht rituell »Unrechtsstaat« aus den Regierungsreihen dieser Partei zurückschallt. Helmut Kohl war da gelegentlich wahrhaftiger, wie Locke erwähnt. Er antwortete einmal auf die Frage nach seinen Fehlern bei der Vereinigung, er habe versäumt, »offen darüber zu reden, dass nicht alles in der DDR falsch war und im Westen nicht alles richtig«. Hätte ein Ansatz für Die Linke sein können. “

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Ja, ich bin für die Todesstrafe, bei Hochverrat am Volk!

Donnerstag, 18. Mai 2017 6:44

Ein Artikel von „Saschas Welt“:

 

 

„Danke, Herr Gorbatschow“ – das werden wir Ihnen nie vergessen!

 

agent gorbachevIst es Dummheit oder ist es Antikommunismus? In der US-amerikanischen Propaganda-Zeitschrift „Reader’s Digest“, die „umweltfreundlich“ und möglichst billig in Polen gedruckt wird, um dann auf dem deutschen Markt verteilt zu werden, schreibt der Chefredakteur in seiner Kolumne (Februar 2017): „manchmal dauert es, bis man erkennt, was man einem Menschen verdankt“. Ja, und manche erkennen es nie oder wollen es nicht erkennen! Sie, jedenfalls, sehen es nicht oder wollen nicht sehen, welches Leid und welche katastrophalen Veränderungen es seit 1990 für Millionen Menschen gab, als Gorbatschow sein Land in die Katastrophe führte. Was wir, die Bürger der Sowjetunion, der DDR und der anderen sozialistischen Länder, diesem sauberen „Herrn Gorbatschow“ zu verdanken haben, das haben wir schon vor über 25 Jahren gemerkt: Massenhafte Enteignungen, Vernichtung ganzer Industriezweige, Entlassungen und Kommunistenverfolgungen im großen Stil auf unserer Seite (der Seite der werktätigen Menschen) und unermeßliche Bereicherung auf der anderen Seite (der Seite der kapitalistischen Ausbeuterklasse). Hinzu kamen – nachdem es in Europa über 40 Jahre keinen Krieg mehr gegeben hat – neue Kriege hier und in aller Welt…

Und da reden Sie vom Ende des „Kalten Krieges“, während im Irak, in Libyen, Syrien, Bosnien, der Ukraine und anderswo neue, heiße Kriege entfacht wurden? Und das erfüllt einen Chefredakteur mit Stolz? Fürwahr – eine seltsame Logik! Natürlich – nicht jeder hat es gleich kapiert, daß nach 1990 in allen bisher sozialistischen Ländern eine hemmungslose, räuberische Plünderei begann, ja – beginnen mußte. Denn das ist eine Gesetzmäßgkeit des Kapitalismus. Oligarchen und Neureiche schossen wie die Pilze aus dem Erdboden, Familien, ja ganze Dörfer versanken in Armut und Perspektivlosigkeit. Doch die drohende Krise des kapitalistischen Systems war wieder einmal abgewendet. Und stärker noch als bisher gelang es den imperialistischen USA, ihre Militärmacht weltweit auszubauen.

Preisverdächtig???

sukinsynWährend Ihr „Herr Gorbatschow“ mit hohen Preisen überschüttet wurde, lachten sich die Imperialisten halb kaputt über soviel Naivität, mit der die geprellten Völker einem gewissenlosen Schurken geglaubt hatten, sein „neues Denken“ werde ihnen allen neben den Vorzügen des Sozialismus, der kostenlosen Bildung und der sozialen Sicherheit auch noch den unermeßlichen Reichtum einiger weniger Kapitalisten bescheren. Doch weit gefehlt – nur einzelnen Gerissenen war es vergönnt, sich zu bereichern. Eine Ellbogengesellschaft setzte sich durch und die Dummheit und die Unwissenheit der Schuljugend nahm bisher ungeahnte Ausmaße an. Und das alles erfüllt sie mit Stolz? Zu Tausenden strömen die Kriegs- und Elendsflüchtlinge nach Europa, wohl wissend, daß der Reichtum einer BRD in nicht geringem Maße auf der Armut und der Not der ausgebeuteten Länder beruht. Terrorismus ist nun wahrlich keine Naturerscheinung, sondern ein Produkt des weltweit agierenden Kapitalismus.

Pech gehabt???

Auf dem Gebiet der DDR, die mit Hilfe einiger einheimischer Ganoven abgeschafft worden war, gab es eine „Treuhand“. Durch deren „treue Hände“ floß das gesamte Volkseigentum unseres Landes in die Taschen einiger weniger raffgieriger, kapitalistischer Räuber und deren Lakaien.  Das werden Sie doch wohl nicht leugnen? Schon ein Herr Dunning stellte fest:dunning

Quelle:  J.P.Dunnings Zitat. In: Karl Marx, Das Kapital. Erster Band, Dietz Verlag, Berlin 1983, S.788.

Es ist – gleich in welchem Land – immer der Imperialismus, der solche Grausamkeiten, solche Verbrechen hervorbringt. Sie sollten einmal, wenn Sie die Mühe nicht scheuen, eines der kleinen, verwahrlosten Dörfer inmitten Rußlands aufsuchen, oder eine Stadtrandsiedlung in Twer, in Chabarowsk, Irkutsk oder wo auch immer Sie wollen. Das, und nicht nur das, sind die Folgen einer Perestrojka. Nein – gehen wir noch weiter zurück: Das sind die Folge eines Verrats am Sozialismus, einer Preisgabe der Grundprinzipien einer sozialistischen Gesellschaft – insbesondere des Volkseigentums an den Produktionsmitteln!

Kommunismus?

Das werden Sie vermutlich nicht hören wollen: Der Kommunismus war gut für die Menschen. Er brachte der Sowjetunion eine Epoche des größten Menschheitsfortschritts (vom hölzernen Hakenpflug bis zur friedlichen Nutzung des Weltraums) und den Völkern der Welt den Sieg über den Faschismus. Er ermöglichte uns, die wir im Sozialismus aufwuchsen, soziale Sicherheit und eine hoffnungsvolle Perspektive. Und er schenkte uns allen in Europa die längste Friedensperiode des 20. Jahrhunderts.

„Will man in aller Kürze die Anatomie der kommunistischen Gesellschaft skizzieren, so wird das eine Gesellschaft sein,

  1. in der es kein Privateigentum an Produktionsmitteln, sondern nur gesellschaftliches, kollektives Eigentum an Produktionsmitteln geben wird;
  2. in der es keine Klassen und keine Staatsmacht, sondern Schaffende der Industrie und der Landwirtschaft geben wird, die sich als eine freie Assoziation der Werktätigen wirtschaftlich selbst verwalten werden;
  3. in der die Volkswirtschaft, nach einem Plan organisiert, auf der höchstentwickelten Technik in der Industrie und in der Landwirtschaft fußen wird;
  4. in der es keinen Gegensatz zwischen Stadt und Land, zwischen Industrie und Landwirtschaft geben wird;
  5. in der man die Produkte nach dem Prinzip der alten französischen Kommunisten verteilen wird: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“;
  6. in der Wissenschaft und Kunst sich unter so günstigen Verhältnissen befinden werden, daß sie sich. zur vollen Blüte entfalten werden;
  7. in der die Persönlichkeit, befreit von der Sorge um das Stück Brot und von der Notwendigkeit, sich an die ‚Großen dieser Zeit‘ anzubiedern, wirklich frei sein wird.“
Quelle: J.Stalin: Unterredung mit der ersten amerikanischen Arbeiterdelegation, 9. September 1927. In: J.Stalin, Werke, Dietz Verlag Berlin, 1953, Bd.10. S.116f.

Dankbar sein? Wofür?

Nein, Herr Chefredakteur des „Readers Digest“, es gibt keinen Grund dem „Herrn Gorbatschow“ dankbar zu sein. Kein Wunder auch, wenn sein eignes Volk, das er ins Verderben gestürzt hat, ihm einen ebensolchen Prozeß an den Hals wünscht, wie damals den obersten Nazibonzen in Nürnberg. Ein russischer Statistiker hat einmal nachgerechnet, was der „Gorbi“ dem „Gröfaz“ (der sich selbst entleibte) voraus hat, und das sind in der Tat beachtliche Zahlen:

Hitler_Gorbi

18 Millionen – Bevölkerungsverluste – 30 Millionen
43% – Verluste in der Volkswirtschaft – 55%
41% – Verluste in der Produktion – 70%
49% – Verlust an Betriebsvermögen – 80%

Unser Genosse???

Und dieser „Herr Gorbatschow“, der behauptete, unser Genosse, ein Kommunist, zu sein, hat einmal erklärt, den Leninschen Weg fortsetzen zu wollen und den Sozialismus aufzubauen. Das kann man alles nachlesen in seinen Parteitagsreden. Er, wie auch sein berüchtigter Vorgänger Chruschtschow, waren Lügner. Sie waren Antikommunisten! Und das ist auch der Grund für die „größte Katastrophe des 20.Jahrhunderts“, der Zerstörung des sozialistischen Weltsystems, das immerhin ein Gegengewicht war zum sich aggressiv ausbreitenden Imperialismus. Insofern hatte also Putin recht, als er dies sagte!

Und heute?

Heute können wir feststellen, daß Stalin (dem die Speichellecker des Kapitals derzeit jedes nur denkbare Verbrechen anhängen – wie, das wußte schon Goebbels!) hundertmal recht hatte, als er sagte:

„Was wäre die Folge, wenn es dem Kapital gelänge, die Republik der Sowjets zu zerschlagen? Eine Epoche der schwärzesten Reaktion würde über alle kapitalistischen und kolonialen Länder hereinbrechen, man würde die Arbeiterklasse und die unterdrückten Völker vollends knebeln, die Positionen des internationalen Kommunismus würden liquidiert.“

Quelle: J.W. Stalin, VII.erweitertes Plenum des EKKI, Werke, Bd.9, S.24.

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mein Studium an der KMU

Freitag, 19. Februar 2010 17:18

Wie der Haß auf Partei und sozialistische DDR langsam entstand, bekam ich 2-mal in Leipzig am eigenen Leib zu spüren. Das erste Schlüsselerlebnis schnitt tief in meine Lebensplanung und weitere Entwicklung ein:

1972, nach dem Abi, suchte ich mir einen Studienplatz aus. Ich wollte unbedingt weg von zu Hause, weil ich kein gutes Auskommen mit meinen Eltern hatte. Mein Stiefvater warf mir und meiner Schwester ständig vor, daß wir nicht seine Kinder seien, er schlug uns grundlos, wenn er auf Arbeit oder sonstwo Ärger hatte mußten wir das ausbaden. Wir wurden zu Hause sozusagen eingesperrt, durften nicht mit Freunden raus. Besonders schlimm wirkte sich das aus, als die Klassenkameraden abends ins Kino, am Wochenende zur Disko, mit Freunden auf den Rummel gingen, sich einfach trafen und in den Ferien auch mal gemeinsam zelteten. Das alles blieb mir versagt. Ich hatte nur ein Ziel: Weg von diesem Ort, weit weg von zu Hause und mein eigenes Leben aufbauen! (Ich erwähne das, weil es mich geprägt hatte für den Rest meines Lebens. Diese Kindheit hatte mir mein Selbstwertgefühl zerstört. Ich habe es erst viel, viel später im Berufsleben Schritt für Schritt aufbauen können.) Ich zählte zu denjenigen Abiturienten, die wegen guter Leistungen für ein Studium „besonders geeignet“ waren.

Das Lernen war mir immer leicht gefallen. Bereits mit 4 Jahren konnte ich lesen, bald darauf schreiben und rechnen, ohne daß mir das jemand beigebracht hätte. Wenn meine Schwester, 3 Jahre älter als ich,  Hausaufgaben machte, löste ich ihre Aufgaben schneller. Mit 4 Jahren las ich mein erstes Kinderbuch. Mit 7 Jahren gefielen mir Kinderbücher nicht mehr, ich griff zum Kommunistischen Manifest. Das war richtig spannend! Danach fing ich an, das Kapital zu lesen, aber das war dann doch zu schwierig, also legte ich es für viele Jahre zurück in den Bücherschrank. 🙂

Ab dem 3, Schuljahr besuchte ich eine Schule mit erweitertem Sprachunterricht, machte Ende der 10. Klasse in Russisch mein Abitur und Ende der 12. Klasse die Sprachkundigenprüfung IIa.

1971, als ich noch an der EOS war, stellte ich meinen Antrag, in die Partei aufgenommen zu werden. Da war ich sehr hartnäckig und wurde im selben jahr Kandidat der SED. Ich hatte mich für ein Studium der Geschichtswissenschaft an der Karl-Marx-Uni Leipzig entschieden. Zum ersten Mal seit 10 Jahren wurden in der DDR insgesamt 10 Historiker ausgebildet. War ich stolz darauf! Ich selbst faßte dieses Studium als politisches Studium auf. Dann war ich doch sehr überrascht, daß außer mir nur noch ein Kommilitone Genosse war. Ein anderer Kommilitone war Mitglied der LDPD. Insgesamt waren die anderen Kommilitonen, so stellte sich sehr schnell heraus, meist unpolitisch oder gegen die SED und gegen die DDR eingestellt. Mit uns studierten 3 ausländische Kommunisten: eine Finnin, ein Kolumbianer, ein Dominikaner. Gleich zu Studienbeginn wurde ich als Seminargruppensekretärin eingesetzt. – In dieser Seminargruppe alles andere als eine dankbare Aufgabe.

Da ich Russisch bereits die Sprachkundigenprüfung erfolgreich abgelegt hatte, bat ich darum, als Gasthörerin an der Sektion Theoretische und angewandte Sprachwissenschaften meine Russischkenntnisse zu vertiefen. Ich brachte es dabei bis zur Übersetzerin, konnte als Gasthörerin jedoch keine Prüfung ablegen.

Zu Beginn des 2. Studienjahres wurde ich als einzige Studentin meines Studienjahres Hilfsassistentin am Lehrstuhl „Geschichte der KPdSU“, half bei der Übersetzung einer Enzyklopädie vom Russischen ins Deutsche.

In den ersten Wochen des 2. Studienjahres ließ unser Seminargruppenbetreuer, Dr. Z., von mir eine Versammlung einberufen. Die männlichen Studenten wurden angesprochen, sich als Reserveoffiziere zu verpflichten. Dr. Z. leitete diese Versammlung. Er stieß auf heftigsten Widerspruch, selbst ein paar weibliche Studentinnen empörten sich. Erfolglos wurde die Versammlung abgebrochen, bevor sie eskalierte.

Am selben Tag fand anschließend eine Sektionsparteiversammlung statt. Also ging ich gemeinsam mit Dr. Z. dorthin, was, wie ich später erfuhr, mein „Verhängnis“ werden sollte – ich stünde mit ihm unter einer Decke…

Der nächste Tag begann mit einem Seminar zur Urgesellschaft. So, wie ich den Seminarraum betrat und meine Kommilitonen begrüßen wollte, verließen diese geschlossen den Raum. Ich ging zu ihnen raus, um mit zu plaudern, da wandten sich alle von mir ab und gingen wieder rein. Beim dritten Mal begriff ich, was da los war: sie hatten sich alle gegen mich verschworen. Nur konnte ich nicht recht verstehen, warum? Ich hatte zu allen immer ein gutes Verhältnis und auf einmal sprach niemand mehr mit mir? Wenn ich jemanden ansprach drehte die-/derjenige sich weg. Also setzte ich mich und sagte nichts.

Von dem Tag an ging ich allein zu Vorlesungen, Seminaren oder anderen Veranstaltungen, nur Studenten anderer Sektionen oder Seminargruppen redeten mit mir, Ich sprach mit Dr. Z. darüber, aber der lachte nur und tat es als Kinderkram ab. Die Genossen ML/Geschichte unserer Sektion „feierten“ mich als „Partisanin unter Feinden“. Wie ich mich fühlte, muß ich wohl nicht betonen. Ausgerechnet wurde ich im 2. Studienjahr auch noch Mitglied der Sektionsparteileitung! Das verschärfte die Situation noch mehr. Ende des 2. Studienjahres sollten in Berlin die Jugendfestspiele stattfinden. Ich wurde Delegierte und freute mich riesig darauf. Kurz zuvor wurde ich jedoch angesprochen, ob ich auf die Weltfestspielteilnahme verzichten würde, man bräuchte mich als stellvertretende Leiterin des in diesem Jahr in der DDR einzigen internationalen Studentenlagers in Thräna (Nähe Borna). Selbstverständlich verzichtete ich auf Berlin und tat meine Pflicht.

Das dritte Studienjahr begann wie das 2. endete – die Kommilitonen betrachteten mich als politisches Übel der Seminargruppe. Wenigsten erfuhr ich von einer Kommilitonin, S.,: daß, dieses Verhalten mir gegenüber politisch begründet war. – Die Seminargruppe warf mir vor, daß ich in der Partei war, daß ich Hilfsassi war und Mitglied der Sektionsparteileitung, daß ich zu wissenschaftlichen Konferenzen geschickt wurde. Noch dazu durfte ich mit 7 weiteren Studenten einer anderen Seminargruppe nach Kiew und Leningrad fahren, an der Kiewer Uni Vorlesungen hören und ein Seminar besuchen. Diese Kommilitonin, S., warf mir zusätzlich vor: „Du bist immer nur freundlich und hilfsbereit – das kann nicht echt sein.“ – Diesen Satz verstehe ich bis heute nicht!

Ich hatte bald keine Kraft mehr, diesem Druck standzuhalten, wurde ständig krank. Ich bat am Ende des 5. Semesters die Sektionsparteileitung, in den Abbruch meines Studiums einzuwilligen. Die hatten bereits Pläne mit mir, die ich damit durchkreuzte; für mich war es ein äußerst schmerzlicher Entschluß.

4 Jahre später, mein Sohn war bereits geboren und 2 Jahre alt, machten wir Urlaub im Thüringer Wald. An einem Tag besuchten wir das Puppenmuseum in Sonneberg. In der Eingangshalle sah ich die ehemalige Kommilitonin S. stehen, die offensichtlich im Museum arbeitete. Ich rief sie, sie drehte sich weg. Kurz darauf kam sie zu mir, begrüßte mich und sagte verlegen: „Petra, Du begrüßt mich hier so einfach, obwohl wir Dir das alles angetan haben. Ich schäme mich dafür.“

Noch heute schmerzt es mich, daß ich nicht die Kraft hatte, unter diesen Umständen mein Studium abzuschließen.

Das zweite Erlebnis ereignete sich Ende 1986. Ich hatte ein Fernstudium (EDV-Ökonomie) und anschließend die Bezirksparteischule absolviert,  (ich hatte wunderbare Kollegen, die mir immer zur Seite standen) und  war von meiner fachlichen Tätigkeit als Lehrkraft für internationale Techniker von ESER II Anlagen (unserer großen Rechenanlagen) in die politische Tätigkeit als stellvertretende Parteisekretärin des Robotron-Anlagenbau delegiert worden. Ich hatte mich dagegen gewehrt, was da für „Genossen“ im Parteiapparat wären, dazu wollte ich nicht gehören. Nichtgenossen, mit denen ich darüber sprach, sagten zu mir: „Weil Leute wie Du, die besser wären, diese Arbeit ablehnen, wird sich nie etwas ändern. Mit Dir kann man reden, Du solltest es tun!:“. Das hatte ich mir zu Herzen genommen.

Kurz darauf erzählte mir mein Sohn, damals in der dritten Klasse, seine Klassenkameraden würden ihn stets ärgern, weil ich in der Partei sei. Seine Mitschüler sagten, Honecker würde lügen, und er, mein Sohn, hielte dagegen, daß das nicht stimmt. An einem Tag rief er mich auf Arbeit an, weinte, ich soll nach Hause kommen, die anderen ärgerten ihn, wollten ihn schlagen. Das Ganze hatte dann ein Nachspiel. Die Direktorin der Schule bestellte die betroffenen Schüler und meinen Sohn zu sich. Ich ging hin, die Direktorin, verweigerte mir das Gespräch und den Zutritt und warf mich sehr schroff einfach raus. Eine Nachfrage bei SED-Kreisleitung ergab: man könne mir nicht helfen, die Direktorin sei in einer anderen Partei und würde nur Probleme machen. Man käme dagegen nicht an.

Das sind nur 2 für mich einschneidende Erlebnisse gesellschaftspolitischen Ursprungs, die ich irgendwie ganz allein bewältigen mußte ohne Hilfe zu erhalten. Sie zeigen aber deutlich, daß sich die Konterrevolution nicht unbemerkt quasi über Nacht formierte. Leipzig war die Messestadt. In Leipzig fanden die ersten sogenannten Montagsdemos statt. Leipzig wird heute als „Heldenstadt“ bezeichnet.

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Parteihochschule und Ende der DDR

Mittwoch, 27. Januar 2010 18:55

Im Sommer 1989 begann ich mit dem Fernstudium an der Parteihochschule in Berlin. Ich hatte einmal den Weg eingeschlagen, wollte ihn konsequent weitergehen, um eventuell neue Impulse und Änderungen in die Partei einzubringen.

Von der Bezirksleitung der Partei wurde mir ein Mentor an die Seite gestellt: Bruno F. Da ich als unbequem bekannt war, als eine, die kritsich ist und mit ihrer Kritik nicht hinterm Berg hält, sagte Bruno: „Wenn Du Deine Abschlußarbeit abgeben wirst, werde ich meinen Posten verlieren und aus der Partei fliegen, aber mach mal – ich unterstütze Dich.“ Na, wenn das keine gute Ausgangsposition war!

Das neue Studienjahr wurde vom Rektor begrüßt. Meine Ohren wurden immer länger – was? – soviel Kritik an der Regierung, am Politbüro, an Erich Honecker? Änderungen seien im Gange, es gäbe einen Nachfolger von Honecker, der krank sei, das Polibüro sei zerstritten. Boah, ich wußte nicht, ob ich meinen Ohren trauen sollte.

Dann hießt es, man wolle sich mehr von der Sowjetunion ab- und mehr China zuwenden. Von China könne man viel lernen, neue Wege beschreiten. Wo man sich doch bis dahin so von China abgegerenzt hatte! Und auf einmal tauchte auch Stalin wieder als großer Theoretiker auf, der er zweifellos war. Stalins Schriften, die viele Jahre verdammt waren, sollten ins Studienprogramm eingebunden werden. Und eben die Chinesen – Mao Tse Tung!

Das anschließende Seminar lief in demselben  Tenor ab. Auf einmal wurde offen angesprochen, wieviele Menschen Stalin auf dem Gewissen hatte, welche Fehler in der Sowjetunion gemacht werden und daß die DDR einen eigenen Weg beschreiten werde.

Nur 1 Monat später reiste Bruno mit mir nach Berlin. Ich sichtete Material für meine Arbeit. Bruno nahm mich mit zu einem befreundeten Genossen des ZK der SED. Nach der Begrüßung gingen beide gleich zur Sache- meine Anwesenheit schien sie dabei nicht zu stören. Dieser Freund von Bruno erzählte, er habe sich schon in einem Betrieb einen Posten gesichert (ich bin mir nicht mehr sicher, ob es eine Brauerei war), er habe sich für alle Fälle abgesichert. Bruno sagte, auch er habe eine Stelle in einer Fachschule in der Nähe von Dessau sicher. Er werde dort als Dozent arbeiten. Ich verstand nicht, warum sie ihre Posten im Parteiapparat aufgeben wollten, fragte aber nichts.

Und dann ich hiel es nicht für möglich, was ich dann mit anhörte: Die S-Bahn-Gleise zwischen Ost- und Westberlin seien allesamt wiederhergestell, repariert und einsatzbereit. Somit wäre die Schienenverbindung Ost-West wieder befahrbar, man müsse nur die Barrieren entfernen. Ich saß ganz still auf meinem Stuhl, getraute mich kaum zu atmen geschweige denn eine Frage zu stellen. Ich war total verwirrt und redete mir ein, irgend etwas Entscheidendes nicht gehört zu haben. Dem war aber nicht so.

Das alles war wohlgemerkt zu einer Zeit vor den Montagsdemos – diese fingen erst einen knappen Monat danach an!

Natürlich habe ich damals nicht vermutet, was mir heute klar auf der Hand liegt: die Wende kam nicht urplötzlich, weil montags Menschen auf den Straßen waren. Alles war von langer Hand vorbereitet. Eine Liga im Politbüro wollte Honecker entmachten und eine andere Person zum Staatspräsidenten machen. Ob diese andere Person von vornherein Egon Krenz war, ist zweifelhaft, Egon Krenz war ganz bestimmt 2. Wahl. Ich vermute, aus meiner heutigen Sicht, kann mich damit natürlich gewaltig irren, daß Marcus Wolf die Nachfolge von Honecker antreten sollte. Marcus Wolf hatte sich schon 1 Jahr vorher aus dem Ministerium für Staatssicherheit verabschiedet. Ich glaube nicht daran, daß er sich zur Ruhe setzen wollte. Er schrieb mit der „Troika“ ein ziemlich kritisches Buch, unternahm quer durch die DDR Lesungen und knüpfe so viel Kontakte zu den Massen, zeigte sich als sympatischen Politiker zum Anfassen. War das schon Teil des Planes des Umsturzes? Marcus Wolf trat pünktlich mit den Montagsdemos in Berlin (die etwas später waren als die in Leipzig) wieder auf die politische Bühne – Warum? Aber er wurde ausgepfiffen und abgelehnt. Da war auf einmal Egon Krenz zur Stelle. Die Grenze sollte geöffnet werden und damit Reisefreiheit für alle DDR-Bürger. Somit war es von Günter Schabowski kein Versprecher, sondern das Startsignal für den Führungswechsel an der Spitze der DDR.

Sie wollten die DDR offener gestalten, endlich anstehende Veränderungen angehen, hatten aber den Fakor X nicht ganz kalkuliert. Auch die Stay-Behind Armeen waren 40 Jahre lang aktiv und bereiteten den Umsturz in der DDR vor, den Umsturz einer anderen Art – die Einheit Deutschlands. Über viele Jahre wurden durch die Stay-Behind Armeen willfähige Menschen rekutiert und auf den Tag X vorbereitet. Darunter auch solche, denen in der DDR eine politische Karriere verwehrt blieb. Etwas Geld und Karriere-Versprechungen , da läßt sich der Eine oder Andere kaufen.  Als an den Montagen die Bürgewegungen mit ganz anderen Zielen demonstrierten mischte sich nach und nach die rechte Szene unter die Massen und bestimmte bald das Bild auf den Straßen. Andere Parolen wurden gerufen – sie hatten diese Unruhen für sich zu nutzen verstanden, hatten natürlich jegliche nur denkbare Unterstützung nicht nur aus dem Westen. Sicher waren auch in Schlüsselpositionen ein paar DDR-Politiker und Geheimdienstler rekrutiert worden. Natürlich hatte der Westen dazu Gorbatschow gebraucht – die Sowjetunion, die Sowjetarmee durfte in diesen Umbruch nicht eingreifen. Gobatschow hatte sich längst kaufen lassen und wurde hinterher gnadenlos fallen gelassen. So gelang es, die Bürgerbewegung, die gerade mit ihren Aktionen begonnen hatte, einfach zu „überfahren“ und den Demos einen völlig anderen Charakter zu geben: „Deutschland einig Vaterland“ – die DDR wurde einverleibt.

Es ist auch nicht auszuschließen, daß die Einheit Deutschlands von vornherein geplant war, nicht nur von der rechten Szene. Immerhin sagte Schewardnadse vor ein paar Jahren bei Christiansen, daß man sich mit den Amerikanern bereits 1984 bezüglich der deutschen Einheit geeinigt habe. Die Russen (er und Gorbatschow) nickten die Einheit ab. Schewardnadse war damals russicher Außenminister. Die Amerikaner versprachen ihm als Gegenseistung den Ministerpräsidentenposten in Georgien und eine attraktive Summe Dollar als „Entwicklungshilfe“. Den Ministerpräsidenten bekam er gleich, das Geld nie.

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Parteiapparat

Donnerstag, 21. Januar 2010 13:33

Nein, ich wollte niemals in den Parteiapparat. Wenn ich mir anschaute, was da zum Teil für Leute saßen, dazu wollte ich nicht gehören! Es waren die „Aparatschniki“, vor denen Lenin warnte. Außerdem hatte ich eine Arbeit die ich über alles liebte, die mich täglich neu herausforderte, und ich hatte unglaublich tolle Arbeitskollegen, sie unterstützten mich selbst in privaten Dingen, als ich nach meiner Scheidung mit meinen Kindern allein lebte, halfen mir beruflich, mich in die EDV-Problematik einzuarbeiten, beantworteten mir meine schier unerschöpflichen Fragen.  Selbst bei Versammlungen, wenn ich wieder mal Probleme ansprach, baten sie mich inständigst, ich möge dieses Mal ruhig sein – ich konnte es nicht. Sie organisierten es für meine Kinder, daß ich fast immer Frühschicht hatte. Ganz einfach: Kollegen, auf die ich mich jederzeit verlassen konnte. Das wollte ich niemals aufgeben!

Von 1981 bis 1994 lebte ich mit meinen beiden Kindern allein, absolvierte ein Fernstudium, hielt Lehrgänge in Assemblerprogrammierung und Betriebssystem für internationale Techniker von ESERII-Anlagen und hatte Kollegen an der Seite, die mir immer und überall halfen, mich so selbstlos unterstützten, als ich mich in diese Tätigkeit einarbeitete. Ohne diese Kollegen hätte ich meine Aufgaben nie geschafft!

Dann trat die Parteileitung von Robotron an mich heran, man hätte Anderes mit mir vor – ich solle die Bezirksparteischule besuchen. Spontan lehnte ich ab. Ich erzählte Studienkollen vom Fernstudium davon und ich – niemals! Meine Kommilitonen schauten mich ernst an und sagten: Petra, weil Leute wie Du es ablehnen, wird sich niemals etwas ändern. Nur deshalb können sich solche Aparatschniki ausbreiten. Du könntest etwas ändern, Du bist anders, aber Du lehnst es ab.

Lange dachte ich über diese Worte nach. Dann sagte ich mir: Recht haben sie! und besuchte die Bezirksparteischule in Leipzig. Von da an mußte ich meinen Weg konsequent allein bestreiten. Das war mein Preis, den ich zahlen mußte.

Zum Abschluß des Jahres in der Bezirksparteischule wurde mit jedem ein Gespräch geführt.  Ich traute meinen Ohren nicht, als man mir sagte: „Petra, Du bist immer für die Schwachen und Kranken da. Wir sind aber eine Partei der Starken und gesunden!.“ Habe ich mich verhört? Es ging weiter: Wir haben gehört, daß Du mit Deinen Kindern in einer winzigen Wohnung wohnst, die nicht recht warm wird. Jetzt, wo Du im Parteiapparat tätig sein und repräsentieren wirst, sollst Du eine bessere Wohnung bekommen.

Ich konnte nicht mehr still sein: „Nur, weil ich jetzt die Bezirksparteischule abgeschlossen habe, wollt Ihr mir Vorteile einräumen? Wo leben wir denn?! Wißt ihr, wie viele Menschen es gibt, die noch viel schlechter leben als ich? Wer hilft denen? Nein, das lehne ich ab!.“ Die Gesichter sehe ich noch heute vor mir! Aber wenigstens blieb ich mir selbst treu, denn darum ging es ja! Eigenlich wolte ich nach der Bezirksparteischule wieder zu meinen Kollegen und meine Tätigkeit als Lehrkraft ausüben. Doch ich hatte darüber kein Entscheidungrecht mehr, andere entschieden über meinen Werdegang.

So wurde ich hauptamtlich als stellvertretende Parteisekretärin im Robotron Anlagenbau Leipzig eingesetzt. Es folgte eine für mich schreckliche Zei. Über mir thronte ein Parteisekretär, der jede Frau nur als Sexobjekt betrachtete, er demütigte mich, mir wurde untersagt, meine Kollegen am Arbeitsplatz zu besuchen. Nach 2 Wochen wurde ich das erste mal vor das Sekretariat der Stadtbezirksleitung geladen. Ich hatte es gewagt, die Art und Weise der Schulung der Parteisekretäre zu kritisieren, in der nur Zeitungsartikel vorgelesen wurden. Ich sagte: Statt die Artikel vorzulesen, sollte man doch davon ausgehen, daß wir alle selbst lesen können und gleich mit einer Diskussion beginnen. Es gäbe doch genügend Probleme zu diskutieren und zu lösen.

Vor dem Sekretariat wollte man mich „zusammenbügeln“ und mir sagen, wie ungehörig ich mich aufgeführt hatte. Alle zur Schulung anwesenden Parteisekretäre hätten sich über mich beschwert, wie ich eine solche Kritik anbringen könne. „Ach,“ sage ich „mir haben sie etwas ganz anderes gesagt! Daß sie froh seien, daß endlich mal jemand den Mund aufmachte.“ „Darauf bist Du wohl auch noch stolz? Uns haben die Parteisekretäre etwas ganz anderes gesagt.“ fragte man mich barsch. „Dann solltet ihr die Ehrlichkeit Eurer Parteisekretäre überdenken. Wenn ich auf etwas stolz bin, dann auf meine Ehrlichkeit, ja!“

Die Fronten waren geklärt. Mir der Zeit gewann ich die Anerkennung und Achtung so mancher Hauptamlicher im Sekretariat. Doch hatte ich immernoch diesen unerträglichen Parteisekretär über mir, mit dem ich beim besten Wille nicht klarkam, nicht als Mensch, schon gar nicht als Frau.

Ich bat um Versetzung und wechselte in die Stadtleitung Halle. Auch dort hatte ich nach 2 Monaten die erste Aussprache vor dem Sekretariat, auch danach brachte man mir mehr Achtung entgegen. Man legte mehr und mehr wert auf mein Wort; sie wußten, daß ich ehrlich und aufrichtig war und den Finger auf dem wunden Punkt hatte, ob es angenehm war, oder nicht. Je mehr die Wendezeit näherrückte, desto unbequemer wurden jedoch meine Worte. Man ließ mich im Urlaub von dubiosen Typen ansprechen, die vorgaben, sich in mich verliebt zu haben und mich ausfragten bezüglich der Bürgerrechtler, die sich organisierten. Man hatte tatsächlich den Verdacht, daß ich dort federführen beteiligt sei! Ich kannte keine Bürgerrechtler, trotzdem wurde ich fortan ständig beschattet, mein Telefon abgehört, meine Kontakte registriert. Das begann noch vor den ersten Montagsdemos in Halle, die weit später einsetzten als die in Leizig. Bals wußte ich nicht mehr, wem ich vertrauen konnte, wem nicht. Aber was solls, dachte ich, ich habe nur eine Meinung und demzufolge nichts zu verbergen.

Zusammen mit einer Genossin wurde ich ins Kabarett zu einer Vorstellung geschickt. Wir sollten Buh-Rufen und die Vorstellung stören. Das Programm der Kabarettisten war prima, lebhaft spendeten wir lachend Beifall.

Wenn ich etwas anfange, führe ich es konsequent weiter. Das ist meine Art. Also beantragte ich einen Studienplatz an der Parteihochschule. Oh, das war kritisch – jemanden wie mich, so eine unbequeme Person… wer weiß? Unerwartet riefen Genossen der Stadtbezirksleitung von Leipzig beim ersten Sekretär der Stadtleitung Halle an, erkundigten sich nach mir und legten ihm nahe: es wäre schade, wenn diese Genossin nicht gefördert werden würde. Schau an, man erinnerte sich noch an mich? Das sprach sich herum und erreichte auch die Bezirksleitung Halle. Und so durfte ich im Sommer 1989 ein Studium an der Parteihochschule Berlin beginnen. Man legte mir nahe, meine Kinder in ein Internat zu geben, um ein Direkstudium zu beginnen. Das lehnte ich ab: „Ich schaffe alles mit meinen Kindern – nichts schaffe ich ohne sie!“

Die erste Veranstaltung in Berlin: Eröffnung des Studienjahres. Darüber das nächste Mal.

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