Parteihochschule und Ende der DDR
Im Sommer 1989 begann ich mit dem Fernstudium an der Parteihochschule in Berlin. Ich hatte einmal den Weg eingeschlagen, wollte ihn konsequent weitergehen, um eventuell neue Impulse und Änderungen in die Partei einzubringen.
Von der Bezirksleitung der Partei wurde mir ein Mentor an die Seite gestellt: Bruno F. Da ich als unbequem bekannt war, als eine, die kritsich ist und mit ihrer Kritik nicht hinterm Berg hält, sagte Bruno: „Wenn Du Deine Abschlußarbeit abgeben wirst, werde ich meinen Posten verlieren und aus der Partei fliegen, aber mach mal – ich unterstütze Dich.“ Na, wenn das keine gute Ausgangsposition war!
Das neue Studienjahr wurde vom Rektor begrüßt. Meine Ohren wurden immer länger – was? – soviel Kritik an der Regierung, am Politbüro, an Erich Honecker? Änderungen seien im Gange, es gäbe einen Nachfolger von Honecker, der krank sei, das Polibüro sei zerstritten. Boah, ich wußte nicht, ob ich meinen Ohren trauen sollte.
Dann hießt es, man wolle sich mehr von der Sowjetunion ab- und mehr China zuwenden. Von China könne man viel lernen, neue Wege beschreiten. Wo man sich doch bis dahin so von China abgegerenzt hatte! Und auf einmal tauchte auch Stalin wieder als großer Theoretiker auf, der er zweifellos war. Stalins Schriften, die viele Jahre verdammt waren, sollten ins Studienprogramm eingebunden werden. Und eben die Chinesen – Mao Tse Tung!
Das anschließende Seminar lief in demselben Tenor ab. Auf einmal wurde offen angesprochen, wieviele Menschen Stalin auf dem Gewissen hatte, welche Fehler in der Sowjetunion gemacht werden und daß die DDR einen eigenen Weg beschreiten werde.
Nur 1 Monat später reiste Bruno mit mir nach Berlin. Ich sichtete Material für meine Arbeit. Bruno nahm mich mit zu einem befreundeten Genossen des ZK der SED. Nach der Begrüßung gingen beide gleich zur Sache- meine Anwesenheit schien sie dabei nicht zu stören. Dieser Freund von Bruno erzählte, er habe sich schon in einem Betrieb einen Posten gesichert (ich bin mir nicht mehr sicher, ob es eine Brauerei war), er habe sich für alle Fälle abgesichert. Bruno sagte, auch er habe eine Stelle in einer Fachschule in der Nähe von Dessau sicher. Er werde dort als Dozent arbeiten. Ich verstand nicht, warum sie ihre Posten im Parteiapparat aufgeben wollten, fragte aber nichts.
Und dann ich hiel es nicht für möglich, was ich dann mit anhörte: Die S-Bahn-Gleise zwischen Ost- und Westberlin seien allesamt wiederhergestell, repariert und einsatzbereit. Somit wäre die Schienenverbindung Ost-West wieder befahrbar, man müsse nur die Barrieren entfernen. Ich saß ganz still auf meinem Stuhl, getraute mich kaum zu atmen geschweige denn eine Frage zu stellen. Ich war total verwirrt und redete mir ein, irgend etwas Entscheidendes nicht gehört zu haben. Dem war aber nicht so.
Das alles war wohlgemerkt zu einer Zeit vor den Montagsdemos – diese fingen erst einen knappen Monat danach an!
Natürlich habe ich damals nicht vermutet, was mir heute klar auf der Hand liegt: die Wende kam nicht urplötzlich, weil montags Menschen auf den Straßen waren. Alles war von langer Hand vorbereitet. Eine Liga im Politbüro wollte Honecker entmachten und eine andere Person zum Staatspräsidenten machen. Ob diese andere Person von vornherein Egon Krenz war, ist zweifelhaft, Egon Krenz war ganz bestimmt 2. Wahl. Ich vermute, aus meiner heutigen Sicht, kann mich damit natürlich gewaltig irren, daß Marcus Wolf die Nachfolge von Honecker antreten sollte. Marcus Wolf hatte sich schon 1 Jahr vorher aus dem Ministerium für Staatssicherheit verabschiedet. Ich glaube nicht daran, daß er sich zur Ruhe setzen wollte. Er schrieb mit der „Troika“ ein ziemlich kritisches Buch, unternahm quer durch die DDR Lesungen und knüpfe so viel Kontakte zu den Massen, zeigte sich als sympatischen Politiker zum Anfassen. War das schon Teil des Planes des Umsturzes? Marcus Wolf trat pünktlich mit den Montagsdemos in Berlin (die etwas später waren als die in Leipzig) wieder auf die politische Bühne – Warum? Aber er wurde ausgepfiffen und abgelehnt. Da war auf einmal Egon Krenz zur Stelle. Die Grenze sollte geöffnet werden und damit Reisefreiheit für alle DDR-Bürger. Somit war es von Günter Schabowski kein Versprecher, sondern das Startsignal für den Führungswechsel an der Spitze der DDR.
Sie wollten die DDR offener gestalten, endlich anstehende Veränderungen angehen, hatten aber den Fakor X nicht ganz kalkuliert. Auch die Stay-Behind Armeen waren 40 Jahre lang aktiv und bereiteten den Umsturz in der DDR vor, den Umsturz einer anderen Art – die Einheit Deutschlands. Über viele Jahre wurden durch die Stay-Behind Armeen willfähige Menschen rekutiert und auf den Tag X vorbereitet. Darunter auch solche, denen in der DDR eine politische Karriere verwehrt blieb. Etwas Geld und Karriere-Versprechungen , da läßt sich der Eine oder Andere kaufen. Als an den Montagen die Bürgewegungen mit ganz anderen Zielen demonstrierten mischte sich nach und nach die rechte Szene unter die Massen und bestimmte bald das Bild auf den Straßen. Andere Parolen wurden gerufen – sie hatten diese Unruhen für sich zu nutzen verstanden, hatten natürlich jegliche nur denkbare Unterstützung nicht nur aus dem Westen. Sicher waren auch in Schlüsselpositionen ein paar DDR-Politiker und Geheimdienstler rekrutiert worden. Natürlich hatte der Westen dazu Gorbatschow gebraucht – die Sowjetunion, die Sowjetarmee durfte in diesen Umbruch nicht eingreifen. Gobatschow hatte sich längst kaufen lassen und wurde hinterher gnadenlos fallen gelassen. So gelang es, die Bürgerbewegung, die gerade mit ihren Aktionen begonnen hatte, einfach zu „überfahren“ und den Demos einen völlig anderen Charakter zu geben: „Deutschland einig Vaterland“ – die DDR wurde einverleibt.
Es ist auch nicht auszuschließen, daß die Einheit Deutschlands von vornherein geplant war, nicht nur von der rechten Szene. Immerhin sagte Schewardnadse vor ein paar Jahren bei Christiansen, daß man sich mit den Amerikanern bereits 1984 bezüglich der deutschen Einheit geeinigt habe. Die Russen (er und Gorbatschow) nickten die Einheit ab. Schewardnadse war damals russicher Außenminister. Die Amerikaner versprachen ihm als Gegenseistung den Ministerpräsidentenposten in Georgien und eine attraktive Summe Dollar als „Entwicklungshilfe“. Den Ministerpräsidenten bekam er gleich, das Geld nie.
Mittwoch, 27. Januar 2010 21:47
Hallo Petra,
Die DDR wurde einverleibt. Sie wurde auch verraten.Ideale der AK mit Füßen getreten.
Die heutige Realität ist die der Spätantike:
Brot und Spiele,Hartz IV und Sat.1 für die dumm gehaltenen Massen.Von Söldnern am Hidukusch verteidigt und im Innern mit Überwachungskameras kontrolliert.
Mit den besten Grüßen
Karl
Montag, 1. Februar 2010 9:29
Hallo Petra! Gehst Du wirklich den Tenor mit das Stalin viele Menschen auf dem Gewissen hatte? Ich sage nein! Das es „Kommunisten“ gab die unschuldige anschwärzten um Karrire zu machen oder weil sie selber Dreck an stecken hatten das gab es. Stalin hat übrigens die unschuldigen Rheabiliert. Wie die Vorgänge von statten ging in der damaligen Sowjetunion kann man Ludo Martens „Stalin anders betrachtet“ nach lesen
MKG Mario
Montag, 1. Februar 2010 11:18
Hallo Mario, ich habe hier lediglich geschrieben, welche Richtung auf der Parteihochschule im Sommer 1989 eingeschlagen wurde. Ich habe keinerlei Kenntnis, was tatsächlich im jungen Rußland geschah, kann mir also kein Urteil erlauben.
Was ich mir vorstellen kann ist, daß es eine verdammt schwere Zeit war, Freund und Feind auseinanderzuhalten.Daß man in einer solchen Situation Fehler begeht und falschen Menschen mißtraut, halte ich durchaus für möglich.
Montag, 1. Februar 2010 19:31
Hallo Mario,
ja,ich gehe den Tenor mit,das Stalin viele Menschen auf dem Gewissen hat!Ob mit Gewissen,oder gewissenlos,darüber will ich hier nicht streiten.Eins sollte man aber vor Augen haben,die Sowjetunion befand sich politisch,ideologisch,wirtschaftlich und (!)militärisch im chaotischen Zustand.Über den milit.Zustand nach dem Überfall der d.Wehrmacht garnicht zu reden.Stalin war „Kopflos“.Diese Kopflosigkeit/Uneinsichtigkeit und seine milit.Fehlentscheidungen kostete vielen Kommandeuren u.Politoffz.und tausenden Rotarmisten unnötig auf seinen Befehl hin das Leben!Übrigens,wer ist Ludo Martens?Welcher Verlag gab das Buch heraus.Jahr,ISBN?
Meine Suche war ohne Ergebnis. Ich bin richtig neugierig auf dieses Buch.Auf Antwort hoffend u.mit freundlichen Gruß karl
Montag, 1. Februar 2010 20:27
@ Karl: das findest Du HIER
@Mario: fakt ist: es gab in der Stalinzeit in Rußland viel zu viele Tode zu beklagen, darunter viele ausländische Kommunisten, die nach Rußland geflohen waren. Sie haben sich nicht alle selbst das Leben genommen, ganz zu schweigen von den vielen Menschen, die nach Sibirien gebracht wurden. Fakt ist, daß schon Lenin kurz vor seinem Tod noch vor Stalin warnte und sagte, er habe sich in Stalin bis dahin getäuscht. Stalin, so Lenin, solle nicht die Führung übernehmen. Es gab zwischen Stalin und Lenin noch Auseinandersetzungen. Nach dem Tod von Lenin hat Stalin es verstanden, die Massen zu manipulieren und sich in die Führunsposition zu bringen. Nur zu diesem Zwecke ließ er, entgegen Lenins Willen, das Lenin-Mausoleum errichten.
Ansonsten erleben wir ja gerade hochaktuell, wie Geschichte „geschrieben“ wird. So war es immer und wird es immer bleiben. Wer weiß, was meine Enkel in der Schule lernen werden, wie schlimm es z.B. in der DDR war und ich werde ihnen widersprechen und mein Möglichstes tun. Aber auch meine Darstellung wird subjektiv sein, aus dem von mir Erlebten und Gelebten heraus.
Petra
Mittwoch, 3. Februar 2010 8:38
Hallo Karl
1 Ludo Martens ist Kommunist (Marxist-Leninist)
Er hat die Vorgänge in der damaligen sozialistischen UdSSR unter Stalin marxistisch-leninistischer Analysiert.
2. Das Buch ist im Ernst-Thälmann-Verlag erhältlisch.
@Petra Was Meist Du mit Auseinanderseztzung?
Ich gehe davon aus das Du das sogenannt Testament von Lenin meinst? Es war nicht mehr oder weniger eine Empfehlung von Lenin wer Generalsekretär werden sollte. Stalin hat die Vertrauensfrage gestellt und wurde von der Mehrheit gewählt.Das Stalin die Massen Manipuliert hat halte ich für eine chrutschowianische Behauptung.
Das es Tode zu beklagen gab will ich nicht abstreiten, die frage ist wer hatte sie zu verantworten. Es gab vie Le Feinde in SU die sich in der Partei eingeschlichen haben und versucht haben die Partein von innen zu zerstören (Konterrevolutionäre) die auch nicht unversucht gelassen haben das Rad der Geschichte um zu drehen.
Achja es gibt auch noch eine interessante Hompage http://www.red channel.de
Übrigens bei der Letzten LLL-Demo gab es am Rande eine gute spontane Aktion an diesen Ekelhaften Stein Wo Jungkommunisten Stalin ehrten.
Mittwoch, 3. Februar 2010 8:40
Nachtrag Die Hompage heißt http://www.red-channel.de
MGK Mario